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![]() Hal Foster - Portrait, von John Cullen Murphy |
ICH, HAL FOSTER
Hal Foster 1971 in PRINZ EISENHERZ Band
1, Brumm-Comix-Verlag, Frankfurt/Main, 1971
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Es heißt oft, Comics seien ein Ersatz für Abenteuer, die wir in unserer hoch technisierten Welt nicht selbst erleben können, und die deshalb kollektiv in den Unterhaltungsmedien nachvollziehbar sein müssen. In gewisser Weise ließe sich auch von manchem Comiczeichner sagen, er lebe sich in seinen Geschichten aus. Wenn man einen Zeichner sucht, der nicht nur Geschichten erzählt, sondern in seinen Erzählungen auf sein eigenes abenteuerliches Leben zurückgreifen kann, kommt man unwiIlkürIich zu Harold Rudolph Foster.
Foster kam am 16. August 1892 in Halifax auf der kanadischen Halbinsel Neuschottland zur Welt. Die Seefahrer in Fosters Ahnenstamm erklären vielleicht den Hang zum Abenteuer, der dem jungen Hal so offensichtlich im Blute liegt. Als Zehnjähriger segelt er auf einem kleinen Boot in den Küstengewässern von Halifax umher. Mit 14 Jahren verdient er sich sein erstes Geld als Fallensteller in den Wäldern seiner Heimat. Dann zieht seine Familie 2500 Kilometer nach Westen und lässt sich in Winnipeg, der kanadischen Provinzhauptstadt von Manitoba nieder. Hals gepflegtes Aussehen reizt seine raubeinigen Schulkameraden zu Spott und Faustkämpfen, bis er es schließlich satt hat, ständig nur zweiter Sieger zu sein, Boxunterricht nimmt und sich bis zu Berufsboxkämpfen hochboxt. Nebenbei verdient er sich als Zeitungsjunge Geld.
Mit 18 Jahren verlässt er die Schule - das höchste Lob, das ihm je ein Lehrer gespendet hat, war: „Du bist nicht gerade dumm, aber...” -, um seine Familie zu unterstutüzen. Eine Woche auf Entenjagd sorgt dafür, dass er eine ungeliebte Bürostellung schnell wieder los ist, weil er seinem Chef ohne Umschweife erklärt, die Entenjagd sei ihm wichtiger als das Büro.
Da Foster als Junge schon immer gern gezeichnet hat, findet er bald Beschäftigung als Reklamezeichner eines kanadischen Versandhauses. Als Kanada 1913 von einer Wirtschaftskrise heimgesucht wird, steht Foster wieder auf der Straße und zeichnet nun als freier Mitarbeiter für verschiedene Zeitungen. Um diese Zeit begegnet er bei einem Tanzabend des Winnipeger Kanuklubs einem blonden, braunäugigen Määdchen aus Kansas, das ein halbes Jahr später seine Frau wird. Als Foster schließlich seine Frau und zwei Söhne zu versorgen hat, wird das Geld knapp. Folglich verdingt er sich als Jagdführer für die entlegenen Gebiete Ontarios und Manitobas. An diese Jahre erinnern ihn noch heute Schrotkörner, die in seinen Beinen stecken, weil eines Tages ein betrunkener Halbblutindianer mit seiner Schrotflinte auf ihn losgegangen war.
1917 steckt Foster ein Goldclaim ab, das ihm eine Million Dollar eingebracht
hätte, wenn es ihm nicht drei Jahre später wieder abgeluchst
worden wäre. 1921 entschließt er sich, nur noch als Künstler
zu arbeiten. Per Fahrrad werden die 1000 Kilometer nach Chicago zurückgelegt,
wo er sein Zeichentalent am Kunstinstitut und der Kunstakademie ausbilden
lässt. Er ist schon ein bekannter Grafiker, als ihm 1928 angeboten
wird, Edgar Rice Burroughs’ Roman „Tarzan of the Apes” als Bildgeschichte
für Tageszeitungen zu bearbeiten.
Die
60 Episoden zu je 5 Bildern, die ab 7. Januar 1929 erscheinen, gefallen
so gut, dass die Leser eine Fortsetzung fordern. Obwohl Foster mit seinem
Tarzan Comicgeschichte gemacht hat, will er die Serie nicht fortsetzen.
Erst als auch Episoden für die Sonntagszeitungen gemacht werden sollen,
lässt sich Foster zu einer weiteren Mitarbeit überreden. Im Laufe
der Jahre formt sich in Fosters Gedanken die Idee zu einer Serie, die ganz
nach seinem Willen gestaltet sein soll. Er baut in ein Tarzan-Abenteuer
Wikinger ein und versucht, seine Idee zu verkaufen; aber ein findet erst
1936 bei King Features Syndicate dafür Interesse. Er zeichnet Tarzan
für einige Monate im Voraus, fertigt etwa 8 Seiten von „Prince Valiant”
und schreibt die Geschichte für die folgenden zwei, drei Monate. Während
noch seine Tarzan-Zeichnungen erscheinen, kann am 13. Februar 1937 die
erste Folge von „Prince Valiant” in den Wochenendausgaben der Zeitungen
gelesen werden. Bis heute sind in regelmäßiger Folge über
1900 Sonntagsseiten mit den Abenteuern von Prinz Eisenherz erschienen.
Seit 1971 zeichnet Foster die Serie nicht mehr selbst, aber nach wie vor
fertigt er die Layouts, schreibt und koloriert sie. Er ist glücklich,
in John Cullen Murphy, dem langjährigen Zeichner der Comicserie um
den Boxer Bob Holm (im Original: Big Ben Bolt), einen würdigen Nachfolger
gefunden zu haben, zumal Murphy wie Foster ein genauer Kenner der historischen
Gegebenheiten ist. Prinz Eisenherz erscheint heute in 14 Sprachen in mehr
als 200 Zeitungen in aller Welt.
Hal Foster, der Leute, die sich selbst zu wichtig nehmen, als Gräuel empfindet, hat sein ganzes Leben nach einer alten Jäger- und Fischerregel gestaltet: „Niemals auf einen sitzenden Vogel schießen! Nie mehr Fische nehmen, als die Bratpfanne fasst! Nie mehr trinken, als ein Gentleman vertragen kann!” Der Künstler, der diese Idee auch in Prinz Eisenherz verkörperte und deshalb zurecht sagen kann, Eisenherz sei genau wie er selber zu sein wünsche, lebt heute in Florida und kann von sich behaupten, er habe sein höchstes Lebensziel erreicht: „Zur Summe menschlichen Wissens oder zur Freude etwas Dauerhaftes beizutragen, das bedeutet für mich wahren Erfolg.”
Wolfgang J. Fuchs in: "Prinz Eisenherz - Wissenswertes über den Ritter ohne Furcht und Tadel", Sonderdruck für Abonnenten, Pollischansky Verlag, Wien, 1975
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Bei Comicserien wird eine Geschichte in der engen Verbindung von Bild
und Text erzählt. Um dauerhaften Erfolg zu haben, bedarf es guter
Geschichten und guter Bilder. Das weiß auch Hal Foster. Und so wird
Prinz Eisenherz zunächst wie ein Roman geschrieben, der dann korrigiert,
überarbeitet und recherchiert wird. Nach diesem „Roman” wird das Seitenlayout
gemacht, bei dem versucht wird, die Handlung möglichst optisch abwechslungsreich
in Szene zu setzen. Die ersten Bilder jeder Seite nehmen den Handlungsfaden
von der Vorwoche auf und das letzte Bild soll auf die nächste Folge
gespannt machen.
Beim Layout, das mit Bleistift skizziert wird, fallen etwa zwei Drittel
des Romans weg, zum einen, weil ja ein Großteil der Handlung in Bilder
umgesetzt wird, zum anderen, weil die Bildtexte nicht zu lang werden sollen.
Die Seite im Format 29 x 15 Zoll (etwa 74 x 38 cm) wird nach der Skizze
gefertigt und fotografischphotographisch auf das Druckformat verkleinert.
Die Kopie wird koloriert und dient dem Graveur als Vorlage für die
Druckplatten. Wöchentliche Arbeitszeit: 45 bis 55 Stunden.
Es muss genau Buch geführt werden über Charakteristika und Verbleib der Figuren. Foster lässt dramatische Szenen mit familiären abwechseln, mit der Einführung neuer Figuren oder mit humoristischen Einlagen, um nicht durch stets gleiche Kost den Leser zu langweilen.
Foster hat auf seinen Reisen stets Skizzen gemacht, die er auch in Prinz Eisenherz verwendet hat. Auch sein literarischer Geschmack hat seine Serie beeinflusst. Foster liest gerne James Branch Cabell („Bei ihm habe ich oft abgeguckt”), Lord Dunsany und Ray Bradbury sowie jede Art von historischen Romanen, weil diese - trotz manchmal fehlerhafter Jahreszahlen - ein besseres Verständnis für die betreffenden Epochen vermitteln als eine nüchterne Zahlentabelle.
Foster hat Prinz Eisenherz fast ganz allein angefertigt. Von Anfang an hatte er lediglich einen Experten für den Schriftsatz beschäftigt. In den sechziger Jahren nahm sich Foster zeitweilig Assistenten für Hintergründe und Farbgestaltung.
Wolfgang J. Fuchs in: "Prinz Eisenherz - Wissenswertes über den Ritter ohne Furcht und Tadel", Sonderdruck für Abonnenten, Pollischansky Verlag, Wien, 1975